Das Leben ist eine staubige Angelegenheit
Lose Materie, die gute alte Gravitation, Sternenfeuer und KAWUMM 3000!: Ein stellarer Foto-Trip durch die schönsten Ecken unseres Universums. Teil 1.
Ich finde: Nicht nur Aussehen, sondern auch Bedeutung macht schön. Und weil im Universum einzigartiges Aussehen auf deepe Bedeutung trifft, werde ich bei all diesen Fotos immer ganz emotional. So schön! 😍
Für diese Ausgabe von dsgf habe ich fünf Aufnahmen ausgewählt, die zeigen, wie schön Sterne entstehen und vergehen. Sterne, wie sie unsere Sonne einer ist. Weil es hunderte dieser Aufnahmen gibt, von denen eine schöner ist als die andere, hat mich die Qual der Wahl bei diesem dsgf-Ausgabe mehr Zeit gekostet als der Text …
Allein die zeitliche und räumliche Ausdehnung des – natürlich von der guten alten Gravitation getriebene – Spektakels ist so überwältigend, dass man aufpassen muss, nicht den kosmischen Nichtigkeitsblues zu bekommen. Also dieses Gefühl, das eigene Leben, alle Freunde und der ganze Planet Erde seien bedeutungsmäßig total lächerlich im Vergleich zum zeitlich und räumlich unfassbar großen Universum. Was sie ja sind.
Aber, hey, zum Glück lässt die Schönheit der Bilder dem Blues keine Chance. Ich guck sie mir an und denke: „Wie unfassbar schön ist dieses Universum, durch das wir mit unserer Erde düsen! Und nicht nur das. Wir haben das große Glück, diese Schönheit bewusst wahrnehmen zu können. Weil es Menschen gibt, die diese unfassbar coolen Teleskope bauen. Wer die Netflix-Doku „Unbekannt – Die kosmische Zeitmaschine” übers James Webb Teleskop gesehen hat, weiß, was ich meine. Übrigens: Bis hier habe 8 Mal das Wort schön benutzt. Jetzt 9 Mal. Aber es ging einfach nicht anders!
Zurück zur denn Sternen. Ihr Leben lässt sich ganz flach in drei Phasen unterteilen:
Entstehen
Brennen
Vergehen
An sich nichts besonderes. Eine Variante von Geboren werden, leben, sterben. Oder Jacke kaufen, tragen, ausmisten. Oder Schnaps trinken, blau sein, ins Bett gehen. Doch bei Sternen sieht dieser Dreiklang einfach unglaublich gut aus. Da kann man im Ausdruck schonmal hochtraben und ein Sternentstehungsgebiet so nennen:
Säulen der Schöpfung

Das James Webb Teleskop ist einfach der Hammer. Ich denke, es verdient eine eigen Folge dsgf. Klar, kann man so ein Bild auch easy mit KI generieren. Aber das hier ist ein Foto. Hier wurde fotografiert in dem Sinne, dass echtes Licht oder andere elektromagnetische Strahlung aufgezeichnet wurde. Und die gibt’s nur in der echten Welt da draußen.
Die Säulen der Schöpfung heißen wahrscheinlich so, weil in der Gegend gerade unglaublich viele Sterne entstehen – Myriaden, wie die NASA schreibt. Und ohne Sterne bzw. deren Tod gäbe es viele der Elemente nicht, aus denen wir bestehen.
In den Spitzen der Säulen gehts heiß her, ganz besonders in der mittleren, wo viele junge Sterne heiß und rot leuchten. Es ist die Momentaufnahme einer Millionen Jahre dauernden Dynamik aus Sternen, die mit ihrer Strahlungsenergie Staub lose Materie von sich stoßen und Gravitation, die an anderen Stellen wieder Klumpen entstehen lässt, in denen sich dann und wann Sterne entzünden. Zu gern wäre ich Marvels Dr. Strange, um die Zeit hier mal ein bisschen vor und zurück zu drehen.
Eine weitere interstellare Gaswolke, in der zur Zeit zwar nur einige hundert Sterne entstehen, die aber auch unglaublich schön ist, ist
die Rho-Ophiuchi-Wolke

Die Wolke Rho oh-fee-ju-ki, um kurz die Aussprache zu klären, ist nur rund 400 Lichtjahre von uns entfernt und damit eines uns am nächsten gelegenen Sternenentstehungsgebiete. Die roten Schlieren sind Wasserstoff-Jets, die ins All geschleudert wurden, als einige der Sterne angingen. In der Mitte hat ein besonders energiereicher Stern eine große gelbliche Höhle aus dem Staub gepustet.
Wenn ein Stern erst an ist, wenn in seinem Innern Wasserstoffkerne unter dem immensen Druck der Gravitation zu Helium fusionieren und enorme Mengen Energie freigesetzt werden – dann lässt sich für unser Sonnensystem sagen:
Die Sonne brennt

Ohne unsere Sonne mit einem pubertierenden Menschen mit unruhiger Haut vergleichen wollen: Aber was zuvor noch ein Sonnenfleck war, platzt bei einem koronalen Massenauswurf quasi auf und schleudert ordentlich Zeug raus. Also heißes Plasma. Mit einer Geschwindigkeit von gut 5 Millionen km/h.
Auch wenn die Sonne das Plasma nicht in unsere Richtung geschleudert hat – unsere Magnetosphäre hat trotzdem gewackelt. In Form einiger Polarlichter. Ungewiss, was alles gewackelt hätte, wenn wir uns in Auswurfrichtung befunden hätten. Anfang 2022 verlor Starlink zum Beispiel 40 seiner 1913 Satelliten durch einen Sonnensturm …
Unsere Sonne ist mit ihren ca. 4,5 Milliarden Jahren im besten Alter. Ihre Lebenserwartung beträgt etwa 12,5 Milliarden Jahre. Den großen Knall in Form einer Supernova wird sie allerdings nicht hinlegen, dafür ist sie zu klein. Massereichere Sterne aber explodieren am Ende. Flach ausdrückt: Ihnen geht der Brennstoff aus, der Strahlungsdruck nimmt ab und stemmt sich nicht mehr gegen die Gravitation. Es kommt zum schnellen Kollaps und der ganze äußere Kladderadatsch knallt auf den harten inneren Kern. KAWUMM 3000!
In Doppelsternsystemen kommt es vor, dass ein Stern mächtig aus der Bahn geworfen wird,
wenn die Schwester explodiert!
Wie schön das aussehen kann, seht ihr nächste Woche in Teil 2 dieses Foto-Trips durchs Universum.
Großartige Ausgabe! Ich freue mich auf die nächsten Bilder ...