Ob Halluzination oder Simulation, es ist in jedem Fall ein echtes Erlebnis: unser Bewusstsein.
Wir nehmen die Welt da draußen wahr, wir fühlen unseren Körper da drinnen. Und ich halte mal einen Fuß rein ins tiefe Gewässer des Bewusstseins.
Wir nehmen unser Leben und die Welt da draußen wahr. Wir denken und fühlen. Welch herrlich subjektive Angelegenheit. Und niemand kann mir dabei in die Karten gucken! Zumindest nicht ohne Aufwand und entsprechende Gerätschaften.
Früher Einschub, weil in die Karten gucken aka Gedankenlesen so spannend ist:
Im MRT und mit KI funktioniert Gedankenlesen zumindest in Ansätzen. SWR Wissen schreibt:
Für eine Studie haben drei freiwillige Personen 16 Stunden lang Podcasts und Geschichten im MRT gehört. (Hut ab, dafür dass es darin so eng und laut ist.) Eine KI hat den Inhalt der Geschichten nur über die Gedanken der Testpersonen ausgelesen – aber nicht Wort für Wort. Ein Satz im Podcast lautete: "Ich habe meinen Führerschein noch nicht”. Daraus machte die KI: “Sie hat noch nicht einmal angefangen, Fahren zu lernen”. Immerhin: Die Richtung stimmte.
Einschub Ende.
Bei Bewusstsein zu sein, ist ja meistens ganz schön. Es ist aber auch so anstrengend, dass unser Körper sich ca. ein Drittel des Tages bewusstlos davon erholen, also schlafen muss. Darüber hinaus fasziniert Bewusstsein mit seiner Vielfalt an Zuständen. Mit seinem Portfolio der Empfindungen und Gefühle. Als gäbe es da irgendwo ein großes Mischpult mit Pegelständen von Substanzen wie Dopamin, Serotonin, Acetylcholin und den endlos vielen anderen. Und je nachdem, wie man mischt, fühlt man sich. Prost.
Bewusstsein ist einer dieser abstrakten und komplexen Begriffe (wie „Kultur“ oder „Intelligenz“), die viel meinen und bei jedem etwas ähnliches bedeuten. Die aber kaum zu definieren sind. Profis wie Mark Solms, Lisa Feldman Barret, Gerhard Roth oder Thomas Metzinger kommen alle über verschiedene Einflugschneisen: Barret beschreibt Bewusstsein als eine kontrollierte Halluzination, Metzinger spricht von einer transparenten Simulation (und meint, dass unsere Wahrnehmung nicht wirklich der Realität entspricht, dass wir quasi in einem Simulator sitzen, es aber nicht merken).
Und so sagt auch Wikipedia: „Eine allgemein gültige Definition des Begriffes ist aufgrund seines unterschiedlichen Gebrauchs mit verschiedenen Bedeutungen schwer möglich.“ Bewusstsein als „das Erleben mentaler Zustände und Prozesse“ trifft es gut, bleibt aber seeeeeeeeehr deep. So deep, dass Neurologen, Psychologen und Philosophen, es lieber in flachen (untertrieben!) Einzelaspekten unter die Lupe nehmen. Diese Einzelaspekte wären nach David Chalmers, Philosoph mit cooler Frisur:
Sie wären ihm nach die einfachen Probleme des Bewusstseins. So etwas wie Lernen oder Gedächtnis. Angelegenheiten, die Neuro- und Kognitionswissenschaftler mittels funktionalistischer Methoden immer besser verstehen. Das „hard problem“ des Bewusstseins ist nach Chalmers die Frage, warum wir überhaupt bewusste Erlebnisse haben. Wie kann aus Materie Geist entstehen?
?
Bevor uns diese sehr tiefe Frage in den Abgrund zieht, hier lieber eine Ablenkung in Form dreier schneller Erkenntnisse zum Abschluss:
Lisa Feldman Barret schreibt treffend: Es ist nicht so, dass wir einen Körper haben. Wir sind unsere Körper. Darin und daraus entsteht unsere bewusste Wahrnehmung. Die viel weiter verbreitete unbewusste Wahrnehmung kümmert sich um den Rest. Um wichtige Angelegenheiten wie Sauerstoffsättigung, Körpertemperatur, Nährstoffversorgung usw. usf..
Wir sind vor allem unbewusst agierende Automaten. Dass wir das Gefühl haben, mit freiem Willen zu entscheiden, ist sehr schön und muss wohl auch sein, damit motiviert durchs Leben gehen. Ist aber eine Illusion. Ein bekannter Forschungsbericht von John Bargh und Tanya Chartrand heißt treffend „The unbearable automaticity of being“.
Mark Solms beschreibt im letzten Kapitel seines sehr guten Buchs „The Hidden Spring“ tatsächlich, wie er mit seinem Team an der Simulation eines selbstorganisierenden Systems arbeitet, das schließlich ein künstliches Bewusstsein haben soll. WTF?!
Das war’s.
Vielen Dank.
PS: Wie sagte James, ein Fremen vom Planeten Arrakis, im Film Dune so treffend: “The mystery of life isn’t a Problem to solve but a reality to experience.” Enjoy! 😍