Warum hab ich das nur getan? Wegen der Basisemotionen! Teil 1: LUST
Sieben instinkthafte Emotionen liegen menschlichem Handeln zu Grunde. Gute Gelegenheit für eine Miniserie! Und in der erste Folge geht's gleich um Sex!
Ich werde wohl noch so einige Folgen mit Mark Solms Buch „The hidden Spring“ als Quelle schreiben. Einfach, weil so viel wissenschaftlich fundierte Selbsterkenntnis drin steckt. Zum Beispiel über die 7 Basisemotionen, die uns ausmachen. Die wollen wir uns mal genauer angucken. Natürlich nicht zu genau. Immer schön flach bleiben.
Teil 1: LUST.
Bevor so richtig losgeht mit Sex und allem, hier noch ein kleiner Hinweis: Empfindungen gibt es viele und von unterschiedlicher Art. Es gibt sie vor allem, um unser Überleben sicher zu stellen. Weniger, um sie zu klassifizieren. Drei Begriffe tauchen immer wieder auf: Affekte, Emotionen und Gefühle. Flach ausgedrückt:
Affekte nennen wir hier körperliche Fehlersignale wie Hunger oder Harndrang, die uns bewusst werden und aufgrund derer wir handeln können. Können, weil wir uns im Supermarkt nicht vollautomatisch den nächstbesten Schokoriegel in den Mund schieben oder es einfach laufen lassen. Wir entscheiden uns mit Blick auf die möglichen Konsequenzen, den Schokoriegel – ach, nehmen wir gleich das 10er-Pack – zu kaufen und erst zu Hause auf Toilette zu gehen. Dass wir diese inneren Zustände wahrnehmen, bewerten und uns für bestimmte Handlungen entscheiden können, ist kein Pappenstiel. Mit dieser Fähigkeit „tauchte im Universum etwas ganz und gar neues auf: das subjektive Sein“, so Mark Solms
Emotionen liegen tief, ähneln Affekten sind aber nicht ganz so körperlich wie Hunger oder Harndrang. Sie entstehen unterbewusst, manchmal auch aus Affekten heraus. Uns geht’s in dieser Serie um sieben Basis Emotionen.
Gefühle können aus Emotionen entstehen (oder aus Gedanken, die uns umtreiben). Wir nehmen sie bewusst war, und es gibt sehr viele davon. Hoffnung und Enttäuschung sind beispielsweise Gefühle, keine Emotionen. Oder in vier Wörtern: Emotionen implizit, Gefühle explizit.
Es ist also eine Art Von-unten-nach-oben-Empfinden. Die Klassifizierung ist aber auch ein bisschen egal ist, wenn wir bei Rewe Pipi müssen, wütend sind, dass wieder fast nur diese neuen Selbstzahlerkassen offen sind und uns wehmütig fühlen, dass der Effizienzwahn dieser Welt auf Kosten der Menschlichkeit geht.
Nun aber zur Taxonomie der Basisemotionen nach Jaak Panksepp, der als Pionier die Zusammenhänge zwischen Hirnaktivität und Verhalten erforscht hat. Er schreibt die Emotionen stets in Versalien. Also, lets LUST.
Unser Körper hat eine ganz wunderbare Fähigkeit: Er priorisiert unser Empfindungen im Kontext von Bedürfnissen und Gelegenheiten. Deshalb sind die meisten von uns nicht ständig sexuell erregt. Stimmen die Umstände und rückt das LUST-System in der Prioliste weiter nach oben, sehen wir Muskeln und Männlichkeit sowie Hintern und Hüften mit ganz anderen Augen. Ein Merkmal der Priorisierung der Emotionen: Es kann immer nur eines wirken. Wir können uns also nicht sexuell angezogen fühlen fühlen sein und gleichzeitig ängstlich zurückweichen. Sicherheitsbedürfnis ist Trumpf.
Ob LUST nun ein körperlicher Affekt oder ein emotionaler ist, lässt sich schwer sagen. Wir denken ja nicht: „Wie wär’s, wenn wir unsere biologische Pflicht erfüllen?”. Im Gegenteil, meistens nutzen wir Verhütungsmittel. Es ein bisschen wie bei Süßigkeiten: Die dahinter stehende Motivation ist der Geschmack, nicht die Energiezufuhr. Es treibt uns das Gefühl der Lust, nicht der Nutzen der Arterhaltung.
Eins noch: Das emotionale Bedürfnis der LUST ist deutlich schwieriger zu befriedigen als das körperliche. Wenn erstmal alle nackt und körperlich bereit sind, kann eigentlich kaum noch etwas schief gehen und das körperliche Bedürfnis ist befriedigt. Um das emotionale Bedürfnis davor zu befriedigend, müssen wir andere fühlende Menschen einbeziehen, die eigene Bedürfnisse haben. „Wir können sie nicht konsumieren wie Nahrungsmittel oder Wasser”, schreibt Solms. „Um sexuelle Bedürfnisse zu befriedigen, müssen wir unser angeborenes Wissen um andere, erlernte Fähigkeiten ergänzen.
Wann, wo, wie: Das hängt wie all unser Verhalten von der Genetik, den Erfahrungen, dem hormonellen Zustand und dem Schaltkreis im Hirn ab. Wie auch die Hormonlage unterscheiden sich die Schaltkreise bei männlichen und weiblichen Säugetieren.
Lust auf eine weitere Basisemotion? In der nächsten Folge gehts ums SEEKING oder auch SUCH-System genannt. Das ist übrigens schon mal in der Folge mit Dieter Bohlen vorgekommen.
Der totale Filmtipp zur Basisemotion? Human Nature von Michel Gondry!