10 kosmische Zufälle, ohne die es uns nicht geben würde
Ein Liste der wohl extremsten Unwahrscheinlichkeiten des Universums. Um einen Overload der Extreme zu vermeiden: hier Teil 1 mit den ersten 5.
Die Konstanten der Physik unseres Universums sind wie Drehknöpfe an einem Mischpult. Doch nur wenn die Werte der Konstanten fein aufeinander abgestimmt sind, kommt dabei ein Universum heraus, das so stabil ist wie unseres. Eines, in dem sich Leben wie unseres entwickeln konnte. Schon kleinste Fummeleien am Mischpult führen dazu, dass das Universum platzt, zusammenschnurrt, Materie gar nicht erst entstehen kann und das große Zusammenspiel einfach nicht funktioniert.
In „Unser mathematisches Universum“ des schwedischen Kosmologen Max Tegmark las ich vom Schaum der Universen, einem Multiversum, in dem ständig Universen entstehen, von denen die meisten nicht lange existieren, weil die Einstellungen an ihrem jeweiligen Mischpult nicht stimmen. Weil es so viele Bläschen im Schaum gibt, ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass eins dabei ist, das ausgerechnet so wie unseres konfiguriert ist. Nach dieser Badewannenphysik brauchts lediglich genug Schaum. Assoziation: Die ewige, kosmische Seifenblasenmaschine. Könnte für einen finalen Marvel-Film taugen.
Zurück zu unserem Mischpult. Und zehn Einstellungen, die genau so getuned sind, dass unser Universum sich prächtig entwickeln und wir dabei entstehen konnten.
1. Materie-Antimaterie-Asymmetrie
Nach dem Urknall entstanden Materie und Antimaterie in fast gleichen Mengen. Theoretisch hätten sie sich gegenseitig vollständig vernichten sollen. Denn: Teilchen + Antiteilchen = Strahlung. Doch durch eine winzige Asymmetrie blieb etwa ein Milliardstel mehr Materie als Antimaterie übrig. Daraus bestehen unser Universum und wir.
2. Inflation und kosmische Strukturen
Kurz nach dem Urknall dehnte sich unser Universum für einen kosmischen Moment extrem schnell aus. Diese Inflation sorgte für winzige Dichteschwankungen, die sich zu den großräumigen heutigen Strukturen (Galaxien, Galaxiehaufen, Superhaufen, Leerräume etc.) führten. Die Stärke dieser Schwankungen war entscheidend: Wären sie zu klein gewesen, hätten sich keine Strukturen gebildet; wären sie zu groß gewesen, wären nur schwarze Löcher entstanden.

3. Die Gravitationskonstante
Die Stärke der guten alten Gravitation wird von der Konstante G bestimmt. Dass ihr Wert ausgerechnet 6,67 × 10-11 Kubikmeter pro Kilogramm pro Sekunde im Quadrat beträgt, kommt uns zugute. G hält die Ausdehnung des Universums durch die Dunkle Energie im Zaum: Ein kleineres G und unser Universum wäre vielleicht längst geplatzt. Ein größeres G und es hätte sich nicht richtig ausdehnen können.
4. Die elektromagnetische Wechselwirkung
Wie die Gravitation ist auch die elektromagnetische Wechselwirkung eine der vier Grundkräfte. Praktische Phänomene wie Licht, Elektrizität oder Magnetismus haben wir ihr zu verdanken. Sie beeinflusst auch chemische Bindungen und damit die Eigenschaften von Materie (Festigkeit, Elastizität, Leitfähigkeit etc.). Weil sie auch der Abstoßung von Protonen entgegen wirkt, sind unsere Atome so stabil. Wäre sie stärker, wären die Elektronen näher am Kern, was dazu führen würde, dass chemische Reaktionen nur sehr langsam oder gar nicht möglich wären. Die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung wird mit der dimensionslosen Feinstrukturkonstante ⍺ angegeben und beträgt 1/137.
5. Die starke Wechselwirkung
Wenn wir schon bei den vier Grundkräften sind: Natürlich muss auch der Wert der starken Wechselwirkung passen. Sie bindet die Quarks aneinander, aus denen Protonen oder Neutronen bestehen. Und sie hält diese Teilchen im Atomkern nah bei einander, obwohl sich Protonen wegen ihrer gleichen Ladung abstoßen. Deshalb wären schwerere Elemente über Wasserstoff hinaus ohne die richtig eingestellte starke Wechselwirkung nicht möglich, ebenso wenig Kernfusion in Sternen. Interessant: Der größte Teil der Masse von Protonen und Neutronen stammt nicht von den Massen ihrer Quarks, sondern aus der Energie der starken Wechselwirkung (Quantenchromodynamik). Demnach bestimmt sie die Masse der uns bekannten Materie maßgeblich. (Masse ist gleich Energie, das besagt die Gleichung E=mc2, bei der die Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat (c2) quasi nur Deko dieser Erkenntnis ist.)
Weiter geht’s mit der schwachen Wechselwirkung, dem Hidden Champion unter den Grundkräften: Kaum bekannt aber Marktführer in Sachen Neutrinos. Auch spannend: Warum hat unser Universum eigentlich ausgerechnet 3 Raumdimensionen? Plus: Irdische Zufälle, die unseren Planeten so lebenswert machen.
Bis zum nächsten Sonntag! 🫠