Zur Zeit: gibt es nur eine Richtung im Universum.
Dass wir uns nicht montags ein schönes Wochenende wünschen, liegt daran, dass warme Teilchen immer die kalten erwärmen. Niemals andersrum. Niemals folgt auf den Montag ein Sonntag.
Vergangenheit —> Zukunft.
Um mal direkt mit einem flachen, aber auch deepen Schaubild zu starten. Dass es schnelle und langsame und sehr viele Zeiten, gibt, kennen wir aus der Vergangenheit. Aus der dsgf-Folge vom letzten Sonntag. Daran erinnern wir uns. Was nächsten Sonntag sein wird, können wir nur ahnen. Oder hoffen. Ich hoffe, ich bin dann vormittags noch an der Ostsee und abends im Berliner Bett.
Es geht heute also um die Richtung der Zeit. Von der es nur die eine gibt. Es geht um diesen ewigen Strom, in den wir hinein gespült werden. Und in dem wir auch untergehen.
Der italienische Physiker Carlo Rovelli fragt in seiner „Ordnung der Zeit“: „Was ist dieses Strömen? Wo in der tief liegenden Struktur der Welt ist es verankert? Was zwischen den Rädchen des Weltgetriebes unterscheidet die Vergangenheit mit ihrem Gewesen-Sein von der Zukunft mit ihrem Noch-nicht-gewesen-Sein?“
Er antwortet, dass der Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft in den Grundgesetzen, welche die Mechanismen der Welt beschreiben, überhaupt nicht vorkommen.
Wäre da nicht die Wärme. Die kennt nämlich immer nur eine Richtung.
🔥 —> ❄️ geht.
❄️—> 🔥 geht nicht. Zumindest nicht einfach so.
Ein Ball, der runterfällt, kann auch wieder hoch fallen. Indem er abprallt. Auch alle anderen physikalischen Gesetze sind reversibel. Nur eben dieses eine einzige nicht. Dass Wärme natürlicherweise immer vom warmen zum kalten Körper fließt, ist das einzige Gesetz der allgemeinen Physik, das zwischen Vergangenheit und Zukunft unterscheidet.
Zeit ist warm.
Und das Universum wird immer kälter, während die Zeit vergeht.
Auf diesen unumkehrbaren Abfluss von Wärme ist Verlass. Gemeint ist die gute alte Entropie. Die, die niemals geringer wird. Die, die Richtung vorgibt. Entdeckt hat sie Rudolf Clausius (1822-1888). In ihren Abgrund gesprungen ist der manisch-depressive, geniale Ludwig Boltzmann (1844-1906).
Boltzmann war damals einer der wenigen, der glaubte, dass es Atome gibt. Und er erkannte, dass sie permanent in Bewegung sind und aneinander prallen. Die schnellen prallen gegen die langsamen. Die warmen beschleunigen die kalten. Die warmen werden kälter, die kalten werden wärmer. In dieser Richtung.
Bis alle gleich warm sind. Bis die Entropie maximal ist. Und damit die Unordnung. Ist das in unserem Universum erst der Fall – keine Panik, das dauert noch – gibt es auch keine Richtung mehr. Dann ist der Ofen des Geschehens aus. Die Suppe der Ereignisse endgültig umgerührt.
Kurz nochmal aufgepasst: „Boltzmann zeigte, dass die Entropie deshalb existiert, weil wir die Welt ungenau beschreiben, und dass die Entropie jene Größe ist, die zählt, wie viele verschiedene Konfigurationen es gibt, die unsere unscharfe Sichtweise nicht unterscheidet.“ Würden wir uns die Welt auf mikroskopischer Ebene ganz genau angucken, dann würden die charakteristischen Aspekte des Ablaufs der Zeit verschwinden.
Der Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft ist demnach eine Ding unserer unscharfen Wahrnehmung. Und die Entropie beschreibt diese Unschärfe.
Eine Grafik aus dem Buch „Das Bewusstsein“ von Annika Harris sprang mich diesbezüglich an. Das Leben fühlt sich eindeutig nach Präsentismus an. Aber was kümmerts das Universum, vielleicht ruht es im Eternalismus. Wäre da nicht die Wärme …
Zeit ist damit ein deepes Schnittstellenthema. Objektiv gibt es sie vielleicht gar nicht. Subjektiv nimmt sie jeder Menschen wahr.
Um dieser unserer Wahrnehmung auf die Schliche zu kommen, habe ich mich auf die Lauer gelegt und ein Bewusstsein einen Tag beobachtet. Bis nächsten Sonntag! 🫠
Meine Uroma sagte immer: „Dem Glücklichen schlägt keine Stunde.“ Ich hatte ja keine Ahnung, wie mikroskopisch genau sie die Welt durch ihre Brille damit betrachtete!
Wenn ein Sonntag der "letzte Sonntag" war, heißt das, es wird keine mehr geben?!