deep shit ganz krumm: Wie Gravitation unsere Raumzeit verbiegt.
Gravitation ist die einzige der vier Kernkräfte, die wir stets wahrnehmen. Wir sitzen bequem in der von ihr gemachten Raumzeitmulde und wundern uns, wie gemütlich Physik sein kann.
Kurze Durchsage vorab: dsgf ist ab jetzt noch schöner! Wie schon die Wellenfunktion in der Quantenmechanik kollabier ich ab heute mit dem wunderbaren Rico Reinhold – äh, wir kollaborieren. Rico wird dsgf zeichnerisch begleiten und mit seinen Interpretationen hoffentlich eure Augen streicheln. The Art of Science. Danke, Rico! 😘
Hier seine Interpretation des heutigen Themas: Gravitation!
Die Gravitation ist einer der vier Wechselwirkungen, die man auch Grundkräfte nennt. Mehr brauchts nicht, um alles, was im Universum von statten geht, zu erklären. Seien es Prozesse im Bereich der Elementarteilchen oder Wechselwirkungen zwischen Materie und Feldern. Oder Kollisionen, dass das Weltall wackelt: Wenn Neutronensterne oder Schwarze Löcher zusammenstoßen und infolgedessen Gravitationswellen durch die Raumzeit wabern.
Die vier Grundkräfte sind:
Starke Wechselwirkung: Sie bindet Quarks und sorgt dafür, dass Neutronen im Atomkern dicht an dicht mit Protonen klarkommen. Man stelle sich vor, dass man mit zwei Autos aufeinander zufährt, die beide einen megastarken Magneten an der Stoßstange haben und sich damit abstoßen. Allerdings ist da vorn auch ein fetter Haken, und wenn man die beiden Autos erst einmal nah genug aneinander gebracht hat, indem man meeeeeega viel Gas gibt (Energie aufwendet), rasten die Haken ein und man kriegt die Autos kaum noch auseinander. Das Bild verdeutlicht auch, warum man eine ganze Sonne mit extremem Gravitationsdruck braucht, um Atomkerne zu fusionieren. Ist die Abstoßung erstmal überwunden, hält die starke Wechselwirkung Neutronen und Protonen hübsch zusammen.
Vielleicht wirkt die starke Wechselwirkung aber auch bei potentiellen Abonnenten und Substack-Publikationen: Eigentlich gehören sie ganz eng zusammen, aber die Abonnenten spüren anfangs noch einen unbegründeten Widerstand. Doch mit jeder Ausgabe nimmt der Druck weiter zu, bis es schließlich Klick! macht – und beide endlich vereint sind. Leicht trennen lassen sie sich dann nicht mehr.Schwache Wechselwirkung: Während bei der Kernfusion viel Energie durch die starke Wechselwirkung freigesetzt wird – Materie und Energie sind ja ohnehin same same but different –, spielt die schwache Wechselwirkung hier nur eine Nebenrolle. Betazerfall bestimmter radioaktiver Atomkerne ist auch ihr Ding. Wie ihre starke Schwester wirkt sie nur auf sehr kurze Distanzen (10−17 m).
Elektromagnetische Wechselwirkung: Mit unendlicher Reichweite verantwortet sie Phänomene wie Licht, Elektrizität, Magnetismus, chemische Bindung und Optik. Als ich neulich mit einem Schraubenzieher an einem wackeligen Stecker rumgefummelt habe, konnte ich sie deutlich spüren ⚡️! Allerdings lässt sie sich auch vergleichsweise leicht ausschalten (Sicherung raus!)
Die Gravitation hingegen ist immer, überall und lässt sich nicht abschirmen: Mit unendlicher Reichweite geht sie von jedem Körper mit Masse aus.
Wer also mal so richtig das Universum spüren möchte, setzt sich am besten in eine bequeme Raumzeitmulde auf dem Sofa. Oder schmiegt seine Wange ins Kissen, dass den Kopf davon abhält, in diese Mulde zu fallen, welche die Masseenergie der Erde verursacht. Denn, kurz mal auf den Punkt gebracht:
Gravitation ist die Manifestation der Krümmung der Raumzeit.
Falls das Thema auf einer Party mal aufkommt, kann man das so erklären: Ohne Gravitation bestünde unser deepes Universum aus einer flachen Raumzeit. Bisschen elektromagnetische Wechselwirkung hier und da, bisschen starke und schwache Kernkraft, aber viel los wäre da nicht.
Dank der Gravitation ist immer Action! Dank der Masseenergie von Staubwolken flattert die Raumzeit wie im Wind und sorgt langsam aber unaufhaltsam dafür, dass sich immer mehr Staubpartikel in einer immer tieferen Mulde sammeln. Die Masse dieser Ansammlung nimmt zu, die Ausdehnung ab. Es steigt etwas an, das von ganz zentraler Bedeutung für die Krümmung der Raumzeit ist: Die Kompaktheit. Und ist die erstmal hoch genug, geht eine Sonne an und fängt an Kerne zu fusionieren.
Je größer die Kompaktheit einer Masse, desto krasser die Raumkrümmung. Ein Gasriese wie Jupiter krümmt die Raumzeit deutlich weniger als ein Neutronenstern. Die Mulde Jupiters mag gemütlicher sein, weil sie nicht ganz so spitz, steil und tief ist wie die des Neutronensterns. Bei dem sich seeeeeeeehr viel Materie auf seeeeeeeehr wenig Raum tummelt.
Ok, kurz quantifiziert, weil so mind-blowing: Man nehme etwas mehr als 300.000 Erdmassen, was etwa einer Sonnenmasse entspricht. Wie viel das ist, kommt vielleicht im Entenhausen-Sprech besser rüber: knapp 2 Quintillionen kg.
Diese 300.000 Erdmassen lege man in eine marvelmäßig gigantomanische Riesenquetsche und presse sie kräftig zusammen: auf eine Kugel mit einem Radius von ca. 13 km. 300.000 Erdmassen auf 13 Kilometern. Dass nenn ich mal kompakt.

Die gigantomanische Riesenquetsche ist nichts weiter als die Raumzeitkrümmung, welche der kompakte Neutronenstern verursacht: Die Mulde ist so spitz, steil und tief, dass es kaum ein Entrinnen gibt. Es ist ein bisschen wie bei diesen schlauchförmigen, fleischfressenden Pflanzen: Ein falscher Schritt und man fällt rein auf nimmer Wiedersehen.
Die Gravitation ist wohl die geheimnisvollste der vier Kernkräfte. Newton hat sie im 17. Jahrhundert gut beschrieben, Einstein hat sie mit der allgemeinen Relativitätstheorie verfeinert, aber eine zugehörige Quantenfeldtheorie wurde bisher noch nicht gefunden. Ziel ist, die Gravitation mit den übrigen Wechselwirkungen zu einer „Theorie von Allem“ zu vereinen. Ein Ansatz dafür ist die M-Theorie, nach der unser Universum mit seiner vierdimensionalen Raumzeit in ein elfdimensionales Universum eingebettet ist. M? Steht für Matrix, Membran, magic oder mystery, sagt die Max-Planck-Gesellschaft.
Sich das mit den Dimensionen vorzustellen, kann ja geradezu wehtun (schrieb ich hier), aber schön anzusehen ist es allemal. Mathematiker arbeiten dann mit Mannigfaltigkeiten wie der der Quinitik.

Doch bevor wir uns in den Tiefen dieser Dimensions-Absurditäten verlieren, mache ich lieber eine Liste der Absurditäten, welche die gute alte Gravitation mit sich bringt tummeln:
Schwarze Löcher: Da drin ist sowas von Schluss, aus und vorbei. Adieu Zeit, Raum und Physik an sich!
Neutronensterne: Die Zweitkrassesten im Universum. Eine kleine Unebenheit und schon wackelt die Raumzeit, so schnell drehen die sich!
Supernova: Wenn Sonnen den Geist aufgeben und explodieren. Je nach Kaliber bleibt übrig: ein Neutronenstern, ein Schwarzes Loch und meist wunderschöne Staubwolken
Zeitdilatation: Kein Raum ohne Zeit, also krümmt die Gravitation auch die Zeit. Die vergeht vergleichsweise langsamer, wenn die Gravitation hoch ist (oder wenn man sauschnell unterwegs ist).
Darf es außerdem noch etwas sein? Das Kommentarfeld ist die Mulde für Deine Themen!