Nachweislich unvorstellbar: Die vierte Dimension
Und natürlich die Frage, warum wir ausgerechnet in einem Universum mit drei Raumdimensionen leben.
Wir leben in einem Universum der 3+1 Dimensionen. Drei Raumdimensionen ergeben zusammen mit der Dimension der Zeit nach Albert E. die Raumzeit. Demnach braucht man nur 4 Koordinaten um sich mit jemand irgendwo im Universum zu verabreden: Die Raumkoordinaten x, y, und z sowie die Zeitkoordinate t.
Zeit und Raum hängen zwar untrennbar miteinander zusammen – das merkt man, wenn man eine superschnelle Runde durch den Raum dreht, also weltraummäßig weit und schnell, auf die Erde zurückkehrt und die eigenen Kinder plötzlich älter sind, als man selbst. Siehe Superfilm “Interstellar”.
Dennoch sind Zeit und Raum unterschiedliche Arten von Dimensionen. Um die Zeit – dieses deepe Rabbithole, in das wir jetzt nicht fallen wollen – kümmern wir uns in Ruhe mal in einer der nächsten Folgen. Der eigentliche Raum, also der mit Fenster und Türen, hat drei Dimensionen.
A. Square unterwegs im flachen Land
Warum hat unser Universum nicht 23 Dimensionen? Oder elf? Wie die Supergravitation, eine Gruppe von Feldtheorien, die sie in der Gegend abspielen, wo die Vollprofis mit der übergeordneten Theorie der Quantengravitation die Allgemeine Relativitätstheorie und die Quantenmechanik zu vereinigen versuchen. Ist so deep, wie es klingt. Quasi der Marianengraben der Physik.
Deutlich flacher wäre eine Ebene. Doch warum leben wir nicht im zweidimensionalen Flatland? Wo wir schön die Beine lang machen aber nicht hoch legen können. Wo es ein vor und zurück sowie ein links und rechts, aber kein oben und unten gibt. Edwin Abbott Abbott hat dazu unter dem Pseudonym A. Square 1884 die Novelle “Flatland – A Romance of many dimensions” veröffentlicht.

Was klar wird: Es ist nachweislich unvorstellbar, sich eine höher dimensionale Welt vorzustellen. Der dreidimensionalen Kugel in Flatland gelingt es erst nach langer Mühe, A. Square davon zu überzeugen, dass es auch dreidimensionale Räume gibt. Denn immer wenn er in die zweidimensionale Ebene von Flatland eintritt, können die Bewohner (Striche) nur den Schnitt durch die Kugel in Form eines Striches sehen. Oder vielleicht noch einen Schatten, den die Kugel von oben auf Flatland wirft.
Der Urknall war fürs Universum wie ein hartes Wochenende in der Disko
Zurück zur Frage, warum wir ausgerechnet in einer dreidimensionalen Welt leben: Es liegt wohl an der Thermodynamik. Genauer gesagt am deepen 2. Hauptsatz. Der die große Richtung vorgibt. Aus dem sich die Entropie (auf die Verlass ist) herleiten lässt, und dem wir auch irgendwie die Richtung unserer +1 Dimension, die unserer Zeit zu verdanken haben. (Gäbe es mal einen Marvel-Film über physikalische Theorien, wäre der zweite Hauptsatz der Thermodynamik einer der ganz großen Helden und Beschützer unseres Universums.)
Das mit den unseren drei Dimensionen kam so: Der Urknall war fürs Universum wie ein hartes Wochenende in der Disko. Kurz danach war es noch total verstrahlt. Komplett mit Strahlung gefüllt, um es physikalischer auszudrücken. Die Dichte der darin enthaltenen freien Energie hing von der Temperatur und der Zahl der Raumdimensionen des Universums ab. Just, als die Temperatur ihr Maximum erreicht hatte, gab’s im Universum drei Raumdimensionen. Und dann so: Freeze! Denn weil die Temperatur seit dem abnimmt (durch die Ausdehnung), können keine weiteren Dimensionen hinzukommen.
Sich vorzustellen, wie es mit einer vierten Raumdimension wohl wäre? Da ergeht es uns wie den Bewohnern von Flatland. Ein Hyperraum, wie er vierdimensional heißt, ist nachweislich unvorstellbar. Ähnlich wie in Flatland können wir uns höchstens Projektionen vierdimensionaler Körper in unserer 3D-Welt vorstellen. Eine sieht so aus:
Das ist ein Tesserakt. Gemeint ist nicht das Behältnis des blauen Raumsteins, eines Infinity-Steins aus Marvel-Filmen. Gemeint ist die Übertragung des klassischen Würfelbegriffs auf vier Dimensionen. Ich hab die Animation schon sehr lange versucht zu verstehen. Ohne Erfolg. Ich kann sie einfach nicht fühlen, die vierte Dimension.
Diese Animation zeigt, wie man aus einem nulldimensionalen Punkt einen Tesserakt machen kann, wenn man nur an den richtigen Stellen zieht.
Zur x-Achse (eindimensional) gesellt sich die y-Achse, dann z und ganz neu und unvorstellbar: die W-Achse! Mit der Ausdehnung nach ana und kata.
Spontaner Gedanke:Hätte ich Millionen Leser*innen, würden sich unter einigen von ihnen vielleicht geflügelte Worte wie “Ich bin auf der W-Achse unterwegs” oder “Hab mich wohl arg nach ana und kata ausgedehnt” etablieren.
Übrigens: In einem Hyperraum würden wir die komplette Oberfläche unserer dreidimensionalen Körper sehen. Waden, Hintern, Rücken. Gesicht, Bauch, Schienbeine. Alles gleichzeitig. Hilft auch nicht, sich eine 4D-Welt vorzustellen.
Was vielleicht hilft: die App 4D für iOS. Die führt einen Schritt für Schritt durch die Dimensionen bis zum Tesserakt. Den kann man dann in 3D und 4D drehen, bis man merkt: nachweisich unvorstellbar.
PS: Konnte die App leider nicht für Android finden.