Galaktischer Augenschmaus Teil 2: Die Anderen
Ein Sombrero, eine Klitzekleine und eine Starburst-Glaxie: Schön sind sie alle! Spontanes Extra in dieser Folge: unwahrscheinliche Satzzeichenkunst.
Galaxien gibt es einige. Einst dachte man, es seien um die 100 Milliarden. Aber weil wir wohl viele weitere mit unseren heutigen Teleskopen noch nicht erkennen können, haben Wissenschaftler kurzerhand eine Null dran geschätzt1. 1 Billion Galaxien? Nur das Universum in meinem Kopf ist größer.
Darin leuchtet jetzt diese äußerst seltene Zeichenkonstellation von oben noch einmal auf. Ein Prachtexemplar der Unwahrscheinlichkeit:
Ebenfalls seltene Konstellationen, aber im eigentlichen Universum zu beobachten, sind Ringgalaxien. Hoags Objekt ist so eine. Es liegt im Sternbild Schlange – was für mich Laien beim Lokalisieren etwa so hilfreich ist wie das irdische „nahe der Insel Simberi“. Art Hoags hat die Galaxie 1950 entdeckt. Die jungen, blauen und heißen Sterne umranden den älteren gelben Kern.
Der guten alten Gravitation folgend, entstehen Ringgalaxien, wenn eine Galaxie von einer anderen Galaxie mittig durchstoßen wird. Bullseye-Raumkrümmung beim schnellen Durchflug und schon wird aus einer 0815-Spiralarmgalaxie ein weiteres Prachtexemplar der Unwahrscheinlichkeit2. Hoch zwei. Denn wenn man genau hinguckt, sieht man im Hintergrund auf ein Uhr eine weitere Ringgalaxie.

Noch einmal kurz in den Text über dem Bild von Hoags Objekt geguckt und gestaunt:
Wie schon bei Teil 1 dieser Serie möge auch hier das Motto gelten: Weniger lesen, mehr gucken. Als kommen wir zur Sache und werfen einen schönen Blick von der Seite auf eine Galaxie im Sternbild Jungfrau – weiß man ja, wo das ist. Wäre sie aus Maismehl und ihr Rand hochgebogen: In der Sombrerogalaxie würden Zilliarden Tonnen Guacamole Platz finden. Aber ohne so einen Unsinn ist sie viel schöner:

Als nächstes: Eine Zwerggalaxie mit passend niedlichem Namen! Benannt nach Fritz Zwicky, der sie 1930 entdeckt hat, kommt „I Zwicky 18“ in außergewöhnlicher Gestalt daher. Geradezu embryonal, gebettet in eine grüne Mulde Raumzeit. Tatsächlich dachte man lange Zeit, Zwicky sei ein erst 500 Millionen Jahre junges Baby. Doch das Hubble-Teleskop hat neulich ein paar Sterne in Zwicky entdeckt, die darauf hindeuten, das das Galaxielein zwischen 1 und 10 Milliarden Jahre alt ist – nein, es geht gerade nicht genauer. Ich kenn einen, der ist zwischen 12 und 76 Jahren alt, na und?!

Die nächste Schönheit erinnert daran, dass wir uns vor und zurück, nach links und rechts sowie nach oben und unten bewegen können. Für die Ausdehnung nach ana und kata entlang der W-Achse wäre eine vierte Raumdimension nötig, aber die hat der Urknall nicht hergegeben. Mindblowing!
NGC 1961 – also Eintrag 1961 aus dem New General Catalogue, der in den 1888 Jahren von Johan Ludvig Emil Dreyer veröffentlicht wurde und noch heute genutzt wird – NGC 1961 ist eine komische Galaxie. (Hat jemand kosmisch gelesen?) Sie hat weder klar ausgebildete Balken noch eindeutige Arme, aber hey, wer braucht das schon, um gut auszusehen. Die staubigen Wirbel pirouettieren glitzernd um den Kern. Obwohl weder gravitativ wirkende Begleitgalaxien noch ein doppelter Kern entdeckt wurden, ist NGC 1961 verzerrt – noch ein paar Umdrehungen und sie wäre die schönste Zuckerwatte im Universum.

Das folgende Bild der Starburst-Galaxie Messier 82 (Messier = noch so ein Katalog) hat die NASA gemeinsam mit der ESA zur Feier des 16-jährigen Bestehens des Hubble-Weltraumteleskops veröffentlicht. In der leuchtenden Scheibe entstehen Sterne am laufenden Band, 10-mal schneller als in unserer gesamten Milchstraße (um die es in der letzten dsgf-Folge ging). Galaktische Superwinde komprimieren genug Gas, um Millionen weitere Sterne zu erzeugen. Feurige Fetzen glühenden Wasserstoffs schießen aus dem wilden Zentrum der Galaxie heraus.
So richtig angefangen zu brodeln hat M82 wahrscheinlich erst, als ihr die Nachbargalaxie M81 vor 500 Millionen zu Nahe gekommen ist. In ein paar Dutzend Millionen Jahren ist die helle Aufregung wohl wieder vorbei. Dann ist vor lauter Sternentstehung kaum noch Zeugs da, aus dem Sterne entstehen können.

Eine hat hier übrigens immer ihre Finger im Spiel: die gute alte Gravitation. Das sieht man nicht nur an M81, die von ihrer Nachbarin M82 völlig aus dem Konzept gebracht wurde. Das sieht auch 😍 aus, wenns gerade erst passiert.
Womit wir schon beim nächsten Sonntag wären: Freut euch auf Galaxien, die sich anziehen. Bis nächsten Sonntag!
Hoags ist wahrscheinlich anders entstanden, da keine zweite Galaxie, die als Projektil in Frage kommt, zu sehen ist.